zurückAnhang D: Tourifalle Königssee
Ankunft
Als wir abends am Königssee ankommen, ist die Dame an der Rezeption ob der verbuchselten Reservierung immerhin angemessen zerknirscht. Wenn man mal davon absieht, dass wir unser Zelt fast in der Schlafkabine des Nachbarn aufbauen müssen, ist der Platz aber so akzeptabel, dass wir ihn nehmen. Vom Füllstand her ist der Platz allerdings schon ein arges Kontrastprogramm zu Budapest. Glücklichweise reicht der Kontrast aber auch bis zu den Sanitäranlagen, die hier nur mit Schlüssel zu betreten sind (in Budapest gab es noch nicht mal eine vernünftige Tür, in die man ein Schloß hätte einbauen können). Wenn man den Schlüssel dabei hat und den Transponder richtig herum hält, funktioniert das auch wunderbar...
Als nettes Gimmick gibt es auf dem Platz einen frei hoppelnden und zutraulichen kleinen Hasen (oder großes Kaninchen, so sicher sind wir uns da nicht), der - wie wir später von unserem Nachbarn erfahren - einfach zugelaufen und geblieben ist. Er wird immerhin unserem Zelt wohl keinen weiteren Schaden zufügen! Beim späten Abendessen stellen wir fest, dass es ganz schön kalt in Deutschland ist - selbst unter fünf Schichten bibbere ich noch etwas und freue mich auf den warmen Schlafsack.
Ausspannen
Den nächsten Tag beginnen wir sehr entspannt mit ausschlafen und viel rumgammeln. Das ist diesen Urlaub bisher noch etwas kurz gekommen. Vielmehr als einmal zum See radeln, der unglaublich touristisch vermarktet und überlaufen ist, und ein Bier im örtlichen Biergarten schaffen wir nicht. Das abendliche Grillen endet wieder im Topf, diesmal scheitert es zwar nicht schon am Einweggrill aber an seiner Funktionalität bzw. Ausdauer.
Relativ früh kriechen wir in unsere Schlafsäcke - morgen wollen wir früh raus, um die Berge aus der Nähe in Augenschein zu nehmen.
Schnauf, schnauf, den Berg hinauf
Zu unchristlichen Zeiten klingelt der Wecker, aber es "muss" sein. Die geplante Wanderung ist lang und sie beginnt mit einer Schifffahrt über den See nach St. Bartholomä, einer kleinen Wallfahrtskirche und dem Fotomotiv am See. Wenn man an den Booten lange Schlangen umgehen will, sollte man vor den ganzen Reisebussen dort sein. Obwohl wir schon um zehn Uhr am Anleger sind, kommen auf dem Boot wieder gewisse Assoziationen zu Ölsardinen auf. Rentner stehen eben früh auf... Während der 30-minütigen Überfährt erzählt man uns auf deutsch und englisch etwas über den See. Dieser ist naturbelassen und zwischen den steilen Felswänden landschaftlich beeindruckend gelegen. Über dem grünen Wasser ragt der Watzmann auf und es ist sehr ruhig (abgesehen vom Touri-Geschnatter in allen möglichen Sprachen), da es am See keinerlei Straßen gibt und alle Boote mit leisen Elektromotoren unterwegs sind. Übrigens darf der See von keinerlei privaten Booten befahren werden - der örtlichen Ruderbootverleihmafia (8 Euro pro Stunde) verdanken unsere Kajaks auf dem Autodach bleiben zu müssen.
Auf dem Weg im Touriboot bekommen wir noch per Blasinstrument eine kleine Kostprobe des angeblich weltbekannten Echos am See. Dieses ist wirklich klar und beeindruckend, hätte aber noch mehr Spaß gemacht, wenn der "Musiker" nicht vorher quasi schon auf Knien um Trinkgeld gebettelt hätte.
In St. Bartholomä angekommen machen wir uns schnell auf den Weg. Erstens wollen wir weg von den Massen und zweitens liegen knappe 1000 Höhenmeter rauf und runter zwischen uns und unserem Zeltplatz. Passend zur prallen Mittagshitze wuchten wir uns den steilen Hang in engen Serpentinen hoch. Schon bald bin ich schweißgebadet und frage mich, wer um alles in dieser Welt diese hirnrissige Idee hatte. Ich könnte mit einem kühlen Getränk und einem spannenden Buch in meinem bequemen Sessel liegen... Ich habe wohl laut gedacht, jedenfalls erinnert Holger mich daran, dass ich gestern diese Tour rausgesucht habe. Immerhin geht der Plan mit der schwarzen (schweren) Wanderroute mit ausgesetzten, seilgesicherten Passagen auf - bis hierhin kommen die Menschenmassen nicht und wir haben die imposanten Tiefblicke auf den See relativ für uns. Und immerhin liegt der meiste Teil des langen und steilen Anstiegs im schattigen Wald. Im oberen Teil kommen wir dann zu den anspruchsvolleren, gesicherten Passagen. Ab hier bereue ich nicht mehr, nicht im Sessel zu liegen. Es macht richtig Spaß und ich bin beschäftigt genug, um mich nicht mehr ausschließlich darauf konzentrieren zu können, dass es weh tut. Nach insgesamt ca. 3h Anstieg kommen wir zu ersten (bewirteten) Alm. Hier werden die Getränke zum Teil im Wassertrog gekühlt - ein lustiger Anblick. Mit einem Maß Radler und einer Saftschorle füllen wir an Flüssigkeit zumindest ansatzweise auf, was wir in den letzten Stunden verloren haben. Der Abstieg beginnt steil, verläuft aber immerhin auf einem anständigen Weg und führt v.a. direkt zur nächsten urigen Alm, bei der ich noch leckeren Almkäse mitnehme. Außerdem bietet er schöne Ausblicke auf den Watzmann und die Watzmannkinder. Als wir später am Parkplatz ankommen, sind wir froh, denn die Knie zwicken inzwischen doch schon etwas. Allerdings steht auf dem Wegweiser dummerweise "Königssee 1,5 Stunden"?!? Hier haben wir wieder Handy-Empfang und befragen Google-Maps - was immerhin auch noch 1 Stunde veranschlagt. Mist, irgendwas ist da an irgendeiner Stelle schief gegangen... So wird unsere Wanderung noch etwas länger als geplant. Vielleicht wäre der Klettersteig, den wir mit Rücksicht auf unsere Knie nicht gemacht haben, doch weniger anstrengend gewesen?
Abends fühle ich mich jedenfalls ziemlich erschlagen und ich befürchte, dass das morgen nicht unbedingt deutlich besser sein wird.
Touristisches Berchtesgaden
Und in der Tat, der Muskelkater kommt pünktlich am nächsten Morgen und legt über Tag noch einen drauf. Holger geht es nicht viel anders. Irgendwann gab es mal Zeiten, da war das noch anders. So wird unser letzter Urlaubstag sehr faul, nur abends radeln wir die ca. 5 km nach Berchtesgaden. Dort ist heute Abend "Berchtesgaden leuchtet" mit angestrahlten Gebäuden und Lichtshow. Es ist rappelvoll und in der Stadt ist nicht daran zu denken, einen Sitzplatz im Lokal zu bekommen. Uns ist das etwas zu viel Gedränge und Geschiebe und wir flüchten. Etwas außerhalb finden wir einen Biergarten - den wir allerdings nach ca. 20 Minuten und der zweiten Bedienung, die unsere Bestellung nicht verstanden hat und danach nicht mehr gesehen ward, wieder verlassen. Dafür gibt's dann gutes bayrisches Essen in der Eckkneipe, deren Küche zwar eigentlich schon zu ist, die uns aber noch etwas zaubern. Schön, hier möchte man uns offensichtlich eher haben... Auf dem Rückweg zu den Rädern kommen wir noch an einem einladend aussehendem Wein- und Schnapsladen vorbei, in dem wir viel über Gebranntes lernen und auch so Einiges probieren dürfen. Der Schnaps ist lecker, aber mir hat es besonders der große schwarze und wuschelige Hund angetan.
Abmarsch
Am nächsten Morgen packen wir unsere Sachen zusammen und wollen auf dem Campingplatz frühstücken während unser Zelt trocknet. Dort werden wir allerdings derart unfreundlich behandelt, dass wir mit einem ziemlich sauren "Auf Nimmerwiedersehen" wieder abdampfen. Ich bleibe dabei, die Österreicher und v.a. die Ungarn sind deutlich (gast)freundlicher! Dann wird das Zelt eben nass eingepackt und der Bäcker im Ort wird schon ein Brötchen u.v.a. einen Kaffee hinbekommen. Nachdem das dann tatsächlich klappt, bilden wir uns geschichtlich noch etwas am Obersalzberg. Hier gibt es Audio Guides, die man sich einfach und kostenlos aufs Handy laden kann - ein gutes und informatives Angebot. Interessant ist dabei der akustische Blick in die Zukunft: Der Guide umfasst auch die Teile, die in der Ausstellung noch gar nicht fertig gestellt sind, was wir erst nach kurzer verwirrter Suche feststellen.
Anschließend geht es fast komplett staufrei nach Aachen und ein wunderschöner, spannender und abwechslungsreicher Urlaub mit Bombenwetter geht zu Ende. Ich bin ein wenig traurig - freue mich aber auf mein bequemes, weiches und trockenes Bett - man ist halt doch keine 20 mehr...